Europäischer Verbraucherschutz
Einleitung
Mit der Entwicklung des gemeinsamen europäischen Marktes müssen
auch die Anforderungen an den Verbraucherschutz angepasst und auf den
gesamten Binnenmarkt bezogen werden. EU-BürgerInnen sollen sich
darauf verlassen können, dass sie nicht "über´s
Ohr" gehauen wird. Das soll vor allem unabhängig davon gelten,
in welchem Mitgliedstaat man sich aufhält. Außerdem soll
es für möglichst viele Bereiche gelten - sei es, dass es sich
um die Qualitätsstandards von Lebensmitteln oder Gewährleistungsfristen
handelt. Außerdem müssen die BürgerInnen umfassend und
ausreichend über ihre Rechte informiert werden. Genau hierfür
machen sich die SozialdemokratInnen im Europäischen Parlament stark.
Europäische Verbraucherpolitik - Grundzüge
Die EU hat bereits 1975 damit begonnen, den Verbraucherschutz zu harmonisieren.
Vertraglich festgelegt wurde die Zuständigkeit der Gemeinschaft
1997 im Vertrag von Amsterdam. Grundsätzlich gilt, dass Maßnahmen
zum Schutz der VerbraucherInnen auf europäischer Ebene in Zusammenarbeit
mit den Mitgliedstaaten eingeführt werden. Dabei gibt die Europäische
Union Mindeststandards vor. Den Mitgliedstaaten bleibt es aber unbenommen,
strengere Regelungen einzuführen. Sie müssen auch keine Regelungen
abändern, wenn diese über dem europäischen Mindeststandard
liegen sollten. Erforderlich ist aber, die Kommission über abweichende
Regelungen zu informieren. Insgesamt ist ein "hohes Schutzniveau"
vorgeschrieben, womit im Umkehrschluss ein Verschlechterungsverbot zugunsten
der Verbraucherinnen und Verbraucher gilt.
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Die EU-Verbraucherschutzpolitik hat drei "Haupt"-Ziele:
- Vorschriften zum Gesundheitsschutz und zu Sicherheitsvorschriften
zu erstellen,
- die wirtschaftlichen Interessen aller BürgerInnen in der EU
zu schützen und
- die VerbraucherInnen zu informieren
Die erforderlichen Rechtsgrundlagen müssen einerseits die Anforderungen
an den Verbraucherschutz und die Rechte der VerbraucherInnen festlegen
und andererseits die Durchsetzung dieser Rechte ermöglichen. Alle
in diesem Rahmen erlassenen Regelungen werden regelmäßig
aktualisiert, um zu gewährleisten, dass der Verbraucherschutz auch
auf dem Entwicklungsstand der Produkte ist. Begleitet werden die Maßnahmen
von einer Informationspolitik, um VerbraucherInnen über ihre Rechte
in Kenntnis zu setzen.
Beispiele für europäische Verbraucherschutzbestimmungen
Lebensmittel - Essen ohne Angst
Durch den Binnenmarkt hat sich die Palette der angebotenen Lebensmittel
erheblich erweitert. In unseren Supermärkten finden sich heute
Produkte aus allen EU-Ländern. Damit sich die VerbraucherInnen
auf ein einheitliches Schutzniveau verlassen können, hat die EU
eine Reihe von Vorschriften im Bereich der erlaubten Zusatzstoffe, der
Kennzeichnung von Lebensmitteln und der Lebensmittelhygiene und -kontrolle
erlassen.
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Eine Auswahl:
- Zusatzstoffe: Zusatzstoffe sind zum Beispiel Lebensmittelfarbstoffe,
Geschmacksverstärker oder Konservierungsstoffe. Europäische
Reinheitskriterien legen fest, dass Zusatzstoffe generell nur dann
verwendet werden dürfen, wenn sie für VerbraucherInnen unbedenklich
sind, dies "technisch" notwendig ist und das Produktionsziel
nicht auf anderem Wege zu erreichen ist.
- Kennzeichnungspflichten: Auf Verpackungen muss immer die
differenzierte Zusammensetzung der Lebensmittel, deren Haltbarkeit
und genaue Inhaltsmenge angegeben werden. Angegeben werden muss beispielsweise
die genaue Art von Fleisch (Muskelfleisch, Fett oder Innereien). Außerdem
muss auf Stoffe, die Verbrauchergruppen schaden könnten, hingewiesen
werden - zum Beispiel allergene Substanzen wie glutenhaltige Getreideerzeugnisse,
Erdnusserzeugnisse oder Laktose. Seit September 2003 gilt dies auch
für Einzelzutaten, die weniger als 25 % des Enderzeugnisses ausmachen.
Hiermit wird das "Verstecken" von Allergenen verhindert.
- Neuartige Lebensmittel: Unter neuartigen Lebensmitteln versteht
man Lebensmittel, die bisher noch nicht im nennenswerten Umfang in
der EU für den menschlichen Verzehr verwendet wurden, z.B. Lebensmittel,
die aus Algen bestehen oder die gentechnisch veränderte Organismen
enthalten. Eine europäische Verordnung legt fest, dass die Zulassung
neuartiger Lebensmittel und Lebensmittelzutaten einschließlich
gentechnisch veränderter Nahrungsmittel nur dann erfolgen darf,
wenn eine amtliche Sicherheitsprüfung ergeben hat, dass sie keine
Gefahr für die Gesundheit der VerbraucherInnen darstellen.
- Gentechnisch veränderte Organismen (GVO): Gentechnisch
verändert sind Organismen, wenn ihr genetisches Material so verändert
worden ist, wie es auf natürliche Weise nicht möglich ist.
Sie sind sehr umstritten, weil die langfristigen Auswirkungen von
Genmanipulationen bzw. -modifikationen auf die Umwelt und die Gesundheit
der VerbraucherInnen bisher noch nicht zweifelsfrei belegt sind. Bevor
GVO auf den Markt kommen, müssen sie daher ein Zulassungsverfahren
durchlaufen, bei dem die Risiken für die menschliche Gesundheit
und die Umwelt geprüft werden. Außerdem müssen alle
gentechnisch veränderten Stoffe auf Verpackungen angegeben werden,
damit VerbraucherInnen die Entscheidung, ob sie Lebensmittel mit GVO
trotzdem zu sich nehmen wollen, frei treffen können. Damit erkennt
die EU das Recht der VerbraucherInnen auf Information über gentechnisch
veränderte Inhaltsstoffe vor der Kaufentscheidung an.
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Europäische Lebensmittelbehörde: Sie wurde nach den
Erfahrungen mit den Lebensmittelskandalen (z.B. BSE, Maul- und Klauenseuche)
gegründet, um Gefahren frühzeitig zu erkennen, davor zu warnen
und die EU-BürgerInnen zu informieren.
Kosmetika
Die EU-Kosmetikrichtlinie enthält Vorschriften für die Zusammensetzung,
Kennzeichnung und Verpackung von Kosmetika. Pflegemittel wie Hautcremes,
Makeup, Deodorants, Seifen oder Zahnpasta dürfen keine gesundheitsschädlichen
Substanzen enthalten. Durch die strengen Vorschriften mussten in der
Vergangenheit viele Stoffe vom Markt genommen werden. Seit 1995 ist
durch europäisches Gesetz geregelt, dass auch auf jeder Verpackung
von Kosmetika die Inhaltsstoffe und die Anwendungsweise eines Erzeugnisses
zum Schutz der VerbraucherInnen angegeben werden müssen.
Arzneimittel
Bei Arzneien gibt es ebenfalls weitreichende EU-Vorschriften - von der
Erprobung über die Beurteilung, Genehmigung, Kennzeichnung und
Patentierung von Arzneimitteln. Seit 1995 darf jedes Medikament, das
in einem Mitgliedstaat zugelassen ist, überall in der EU verkauft
werden. Denn durch die einheitlichen Bestimmungen bei der Zulassung
der Medikamente ist sicher gestellt, dass die Anforderungen überall
in der EU eingehalten werden. Die Europäische Agentur zur Beurteilung
von Arzneimitteln, die es ebenfalls seit 1995 gibt, prüft die Zulassungsanträge
wissenschaftlich und überwacht Qualität und Wirksamkeit der
Arzneien.
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Kinderspielzeug
Seit dem 01. Januar 1990 muss Spielzeug, das in der EU vertrieben wird,
bestimmte Mindestsicherheitsnormen erfüllen. Der Produzent muss
außerdem auf mögliche Risiken bei der Ver-wendung des Spielzeuges
und Möglichkeiten zu ihrer Vermeidung hinweisen. Spielzeug, das
diesen Anforderungen entspricht, wird vom Hersteller mit dem "CE-Zeichen"
versehen. Damit die Hersteller nicht nur das Zeichen verwenden, sondern
die Anforderungen auch tatsächlich einhalten, sind die Mitgliedstaaten
verpflichtet, die ordnungsgemäße Verwendung des CE-Zeichens
zu kontrollieren.
Produktsicherheit und Produkthaftung
In diesem Zusammenhang sind auch die EU-weiten Regelungen zur Produkthaftung
zu nennen, die zu den wesentlichen Maßnahmen der Union in Sachen
Verbraucherschutz gehören. Hier gibt es einmal die Vorschriften
über die "allgemeine Produktsicherheit" und zum anderen
die über die "Haftung für fehlerhafte Produkte".
Erstere regeln allgemeine Anforderungen an die Produktsicherheit, letztere
bestimmen die Ansprüche der VerbraucherInnen, wenn diese Anforderungen
nicht eingehalten werden und VerbraucherInnen dadurch zu Schaden kommen.
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Kaufverträge - das "Kleingedruckte"
Im Kleingedruckten von Verträgen verbergen sich für VerbraucherInnen
oft nachteilige Klauseln. Eine Richtlinie, die 1993 erlassen wurde,
schützt daher EU-weit vor bösen Überraschungen. Die bedeutendste
Verbesserung für deutsche VerbraucherInnen war die Verlängerung
der Gewährleistungsfristen von bisher sechs Monaten auf jetzt zwei
Jahre. Hersteller von Kaffeemaschinen, Waschmaschinen oder Rasierapparaten
müssen also auch dann noch für Produk-tionsfehler einstehen,
wenn diese erst nach 23 Monaten zutage treten. Weitere wichtige Beispiele
sind die Ausgestaltung der Kaufvertragsregeln bei Internet-Käufen.
Mittlerweile gibt es Rechtsvorschriften, die sicher stellen, dass die
Rechte der VerbraucherInnen bei sogenannten "Fernabsatzgeschäften"
(zu denen neben den Geschäften über das Internet auch Katalogkäufe
oder Teleshopping gehören) nicht schlechter sind als die, die bei
Geschäften "im Laden" gelten.
Finanzdienstleistungen
Seit dem 1. Juli 2003 schreibt eine EU-Verordnung vor, dass Überweisungen
bis zu einer maximalen Höhe von 12.500 Euro in EU-Länder nicht
teurer sein dürfen als gewöhnliche Inlandsüberweisungen.
Voraussetzung ist lediglich, dass man die internationale Kontonummer
und die internationale Bankleitzahl des Empfängers angibt - die
sogenannte IBAN-Nummer und den sogenannten BIC-Code. Die Nummern kann
man bei den jeweiligen Banken erfragen.
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Tourismus und Flugreisen
Mit zahlreichen Richtlinien hat die EU bisher den Schutz von Touristen
als Verbraucher vorangetrieben. Herauszuheben sind die Richtlinien über
Pauschalreisen und die Überbuchungsverordnung im Flugverkehr. Die
Richtlinie über Pauschalreisen garantiert, dass der Verbraucher
alle zugesagten Leistungen erhält. Die Überbuchungsverordnung
sichert dem Fluggast eine Entschädigung bei Überbuchungen
zu. Derzeit gibt es - je nach Entfernung - Pauschalen bis zu 300 Euro.
Das Europäische Parlament hat aber Anfang 2004 zugunsten der VerbraucherInnen
beschlossen, dass diese Beträge verdoppelt werden sollen. Ab 2005
müssen die Fluggesellschaften bis zu 600 Euro Schadensersatz zahlen.
Im Moment gibt es in Brüssel Überlegungen, den Verbraucherschutz
noch weiter zu erhöhen und Regelungen zu erlassen, die entsprechende
Entschädigungspflichten auch für Bahnunternehmen vorsehen,
wenn Züge verspätet sind, Unfälle passieren oder Gepäck
verloren geht.
Spam
Internet- bzw. e-Mail-Nutzer kennen das Problem: die Briefkästen
werden mit unerbetenen Nachrichten zum Zweck der Direktwerbung (Spam)
regelrecht "zugemüllt". Mittlerweile machen diese Nachrichten
mehr als 50 % des weltweiten und 46 % des europäischen täglichen
e-Mail-Verkehrs aus. Dies bedeutet eine erhebliche Belästigung
für VerbraucherInnen. Deshalb hat man sich auf europäischer
Ebene dazu entschlossen, der Mailflut Einhalt zu gebieten. Es gibt EU-weite
Vorschriften, die Spam verbieten. Außerdem ergreifen die Mitgliedstaaten
gemeinsame Maßnahmen, um die Spam-Verursacher zu ermitteln und
dann im Anschluss gegen sie vorgehen zu können.
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