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Norbert Glante - Kandidat der Brandenburger SPD
für die Wahlen zum Europäischen Parlament
am 13. Juni 2004

 

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Grünbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse

Hintergrund/Einordnung
Das Spannungsverhältnis der Diskussion um die (öffentliche) Daseinsvorsorge besteht zwischen den Interessen der kommunalen Selbstverwaltung, den Verbraucherinteressen, den Interessen der privaten Dienstleister sowie den Anforderungen des europäischen Wettbewerbsrechts. Zusammenfassend lassen sich zwei gegensätzliche Befürchtungen fest stellen:

  1. Die KOM könnte im Rahmen ihrer Marktöffnungsstrategie in traditionelle Strukturen der Mitgliedstaaten einbrechen, das Subsidiaritätsprinzip missachten und die Mitglied-staaten in ihrer politischen Gestaltungsfreiheit einschränken.
  2. Mit der Berufung auf die Daseinsvorsorge könnten wichtige Wirtschaftsbereiche dem Wettbewerb in der Union entzogen werden, was dem Ziel, einen gemeinsamen, dynamischen Wirtschaftsbereich zu schaffen, zuwider laufen würde.

Es gilt, einen sinnvollen "Ausgleich" zwischen diesen Polen zu finden, um einerseits Vorteile der Marktöffnung zu ermöglichen. Andererseits darf es weder zu einer Verletzung des Subsidiaritätsprinzips noch zu Einbußen bei der Gewährleistung der betroffenen Dienstleistungen kommen. Außerdem soll Rechtssicherheit geschaffen werden.

Für Deutschland hat die Liberalisierung von Bereichen der Daseinsvorsorge des-halb besonderes Gewicht, weil diese als wichtiges Element der verfassungsrechtlich garantierten kommunalen Selbstverwaltung verstanden werden. Weitere Liberalisierungen würden erhebliche Einschnitte für die Struktur und Finanzlage der Kommunen bedeuten. Auf der anderen Seite steckt das größte Privatisierungspotenzial bei der Kommunalwirtschaft und kann daher Motor für wirtschaftliches Wachstum sein.

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Rechtsgrundlagen/ Entwicklung

Das Grünbuch unterteilt in drei Kategorien von Dienstleistungen:

  1. von netzgebundenen Wirtschaftszweigen erbrachte Dienstleistungen von allgemeinem Interesse: Hierunter fallen z.B. die bereits liberalisierten netzgebundenen Wirtschaftszweite (Energie, Telekommunikation, Verkehr, Post), für die es sektorspezifische Gemeinschaftsregeln gibt.
  2. Dienstleistungen bzw. Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse: Wirtschaftliche Tätigkeiten, die von den Mitgliedstaaten oder der Gemeinschaft mit besonderen Gemeinwohlverpflichtungen verbunden werden und für die das Kriterium gilt, dass sie im Interesse der Allgemeinheit erbracht werden. Hierunter fallen z.B. die Abfallwirtschaft, Wasserversorgung oder der öffentlich-rechtliche Rundfunk. In diesen Sektoren besteht kein umfassendes Regelungs-werk auf Gemeinschaftsebene, es werden aber teilweise einzelne Aspekte in anderen Bereichen mitgeregelt, die aber nicht "daseinsvorsorgespezifisch" sind.
  3. Nichtwirtschaftliche Tätigkeiten und Dienstleistungen ohne Auswirkung auf den Handel:
    Diese werden vom Grünbuch ausgespart, da hier der Binnenmarktbezug fehlt. Es gelten lediglich allgemeine Grundsätze des Gemein-schaftsrahmens wie der Grundsatz der Nichtdiskriminierung oder der Grundsatz der Freizügigkeit für den Zugang zu sämtlichen Leistungen.

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Grundsätzlich unterliegen auch öffentliche Unternehmen den Wettbewerbs- und Binnenmarktregeln der EU - es darf also nicht zu Behinderungen oder Verzerrungen des Wettbewerbs kommen (Art. 86 EGV). Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind, gilt dies allerdings nicht, wenn andernfalls die ihnen übertragenen Aufgaben rechtlich oder tatsächlich verhindert würden. Die öffentlichen Dienstleistungen wurden 1997 in Art. 16 des Vertrags von Amsterdam aufgenom-men, 2000 wurde im Art. 36 der Charta der Grundrechte das (soziale) Grundrecht auf Anerkennung und Achtung des Zugangs zu den öffentlichen Dienstleistungen verankert. Sie erhalten damit eine herausgehobene Stellung im europäischen Vertragswerk. Auch der Verfassungsentwurf enthält eine Verpflichtung der Union und der Mitgliedstaaten zur Gewährleistung der Dienste von allgemeinem Interesse.

Das Europäische Parlament hat am 14.01.2004 über einen Initiativbericht zum Grünbuch abgestimmt. Es befürwortet den Erlass eines europäischen Rechtsrahmens und nimmt bestimmte öffentliche Dienste von der Liberalisierung aus (Wasser- und Abfallversorgung), ohne dass eine Liberalisierung in einzelnen (anderen) Marktsegmenten von vornherein ausgeschlossen wird. Die Sektoren Bildung, öffentliches Gesundheitswesen, sozialer Wohnungsbau sowie die mit der Sozialversicherung und mit sozialer Integration in Zusammenhang stehenden gemeinwohlorientierten Leistungen werden ebenfalls vom Anwendungsbereich der Wettbewerbsregeln ausgenommen.

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Fragen und Antworten

Was ist überhaupt ein Grünbuch und welchen Inhalt hat das Grünbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse?
Grünbücher sind von der Kommission veröffentlichte Mitteilungen über einen bestimmten Politikbereich. Sie richten sich an interessierte Dritte, Organisationen und Einzelpersonen, die dadurch die Möglichkeit erhalten, an der Konsultation und Beratung teilzunehmen. In einigen Fällen ergeben sich daraus legislatorische Maßnahmen - meist folgt ein Weißbuch, woraus dann ein konkreter Gesetzesvorschlag (Richtlinie oder Verordnung) hervor geht.
Dies ist auch der Zweck des Grünbuchs zur Daseinsvorsorge, das im Mai 2003 veröffentlicht wurde. Es wird zunächst eine "Bestandsaufnahme" gemacht. Es werden beispielsweise die rechtlichen Grundlagen für Erforderlichkeit und Umfang möglicher Gemeinschaftsmaßnahmen erörtert oder die Erfahrungen aus den bereits liberalisierten Sektoren zusammengefasst. Es stellen sich Fragen der Finanzierung und Organisation, um die Sicherstellung der betroffenen Dienstleistungen garantieren zu können. Die KOM will auf dieser Grundlage eine öffentliche Debatte einleiten und hat Stellungnahmen von Betroffenen eingefordert. Nach der Auswertung wird eine Entscheidung getroffen, ob es weitere Maßnahmen der Gemeinschaft geben wird. Die SozialdemokratInnen im Europäischen Parlament machen sich für den raschen Erlass einer Rahmenrichtlinie stark, damit Rechtssicherheit in diesem Bereich geschaffen wird.

Hat die Gemeinschaft überhaupt Regelungskompetenz?
Zum Teil. Die Gemeinschaft hat immer nur dann Regelungskompetenz, wenn ein Binnenmarktbezug gegeben ist und daher eine gemeinschaftsweite Regelung erforderlich ist. Ist dies nicht der Fall, sind die Mitgliedstaaten selbst zuständig, das ist Ausdruck des Subsidiaritätsprinzips. Für den Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse gibt es keine ausdrückliche Kompetenzzuweisung in den Europäischen Verträgen. Klar ist nur, dass für Dienstleistungen, die Wohlfahrts- oder Sozialschutzaufgaben erfüllen, eindeutig eine einzelstaatliche, regionale und lokale Zuständigkeit gegeben ist. Für die übrigen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse besteht eine überwiegende Zuständigkeit der nationalen, regionalen und örtlichen Behörden, die Dienstleistungen zu definieren, zu organisieren, zu finanzieren und zu überwachen. Bisher gibt es lediglich allgemeine Regeln, die auch den Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse betreffen. Beispielsweise unterliegen auch öffentliche Unternehmen, denen besondere Rechte gewährt werden, den EU Wettbewerbs- und Binnenmarktregeln, auch sie dürfen also den Wettbewerb grundsätzlich nicht behindern oder verzerren (es sei denn, sie können andernfalls ihre Aufgaben nicht erfüllen). Des Weiteren gelten die Beihilfebestimmungen des EG-Vertrages auch für öffentliche Unternehmen. Für umfassende gemeinschaftliche Regelungen im Bereich der Daseinsvorsorge wäre also eine Vertragsänderung erforderlich. Die Gemeinschaft kann aber auf der Grundlage der bestehenden allgemeinen (Binnenmarkt-) Regelungen eine Rahmenrichtlinie erlassen.

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Bei den WTO- bzw. GATS-Verhandlungen wird doch auch über Dienstleistungen verhandelt. Wie ist das Verhältnis dieser Verhandlungsebenen zueinander?
Es muss zwischen der (internen) Diskussion auf EU-Ebene und der Diskussion auf WTO/GATS-Ebene unterschieden werden. Die GATS-Verhandlungen betreffen den Grad der Marktöffnung für Drittstaaten, die Diskussion auf EU-Ebene betrifft nur die EU-Mitgliedstaaten. Bei den GATS-Verhandlungen treten die EU-Staaten als gemeinsamer Verhandlungspartner auf. Für die EU verhandelt die Kommission, namentlich der Handelskommissar Pascal Lamy. Ihm erteilt der Ministerrat ein Mandat, in dem fest gehalten ist, welchen Dienstleistungssektor jeder Mitgliedstaat unter welchen Bedingungen öffnen will. Auch der aktuelle Stand der internen Liberalisierung der EU wird berücksichtigt. Die Europäische Gemeinschaft hat sich entschieden, bestimmte Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, die bereits dem Wettbewerb innerhalb des Binnenmarktes unterliegen, im Rahmen der GATS-Verpflichtungen dem Wettbewerb zu öffnen, so dass Anbietern aus Drittstaaten Zugang zum europäischen Markt gewährt wird. Es ist aber kein Automatismus, dass Märkte, die auf EU-Ebene liberalisiert sind, auch im Rahmen der GATS-Verhandlungen für Drittstaaten geöffnet werden müssen.

Warum eine Rahmenrichtlinie?
Durch eine Rahmenrichtlinie kann sicher gestellt werden, dass bestimmte Qualitätsanforderun-gen nicht unterschritten werden. Denn der Bereich der Daseinsvorsorge ist im europäischen Rechtsrahmen nur spärlich geregelt. Es gibt keine Qualitätsbestimmungen, keine Zuständigkeitsregeln und keine Abgrenzungskriterien. Folge ist, dass eine erhebliche Rechts- und Pla-nungsunsicherheit für die betroffenen Akteure (insbesondere die Kommunen) besteht. Diese muss beseitigt werden, was mit dem Erlass einer Rahmenrichtlinie möglich ist. Nur mit der entsprechenden Klarheit kann das wirtschaftliche Privatisierungspotenzial, das in der deutschen Kommunalwirtschaft steckt, entfaltet werden. Und nur dann kann die Privatisierung auch Motor für wirtschaftliches Wachstum sein.

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Die verschiedenen Dienstleistungen können doch gar nicht verglichen werden - was soll dann eine Rahmenrichtlinie? Was soll in einer Rahmenrichtlinie geregelt werden?
Die Dienstleistungen unterliegen in der Tat einer Dynamik aufgrund des technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels. Darüber hinaus stellen sich in der Tat sehr unterschiedliche, sektorspezifische Anforderungen an die einzelnen Dienstleistungen. Wasser kann beispielsweise nicht mit Strom verglichen werden. Die Versorgung der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser ist von elementarer Bedeutung. Dieser Bereich kann daher auch nicht teilweise dem Wettbewerb geöffnet werden. Deshalb hat sich das Europäische Parlament - auf großen Druck und mit Mehrheit der SozialdemokratInnen - auch gegen eine Liberalisierung der Wasserwirtschaft ausgesprochen. Trotz der Unterschiede gibt es aber allgemeine Grundsätze/Prinzipien, die für alle Dienstleistungen gelten müssen. Diese sollen in der Rahmenrichtlinie verbindlich fest geschrieben werden. Dazu gehören die Gewährleistung eines gleichberechtigten, diskriminierungsfreien und kostengünstigen Zugangs zu den Leistungen; die Sicherstellung eines flächendeckenden, kontinuierlichen Angebots, das in ausreichendem Umfang sowie in ausreichender Qualität bereitgestellt wird; die Absicherung eines hohen Beschäftigungsstands und die Wahrung der Rechte von ArbeitnehmerInnen sowie die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen.

Geht der Erlass einer europäischen Rahmenrichtlinie zu Lasten der Zuständigkeiten der Kommunen? Wird es zu einer Zwangsliberalisierung kommen?
Nein. Die Regelung und Durchsetzung der Gemeinwohlverpflichtungen sowie deren organisatorische Abwicklung liegt nach wie vor bei den nationalen Behörden; innerhalb Deutschlands also aufgrund der verfassungsrechtlich garantierten kommunalen Selbstverwaltung bei den Kommunen. Jeder Mitgliedstaat kann demnach frei entscheiden, ob er die Dienstleistungen über seine eigene Verwaltung direkt oder durch Dritte (öffentliche oder private) erbringen will. Dies wird auf europäischer Ebene durch die Grundsätze der Gestaltungsfreiheit und Neutralität gewährleistet. Es darf also keine Privatisierung von Unternehmen der öffentlichen Hand durch die europäische Ebene geben - weder branchenbezogen noch im Einzelfall.

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Sinkt die Qualität der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse in Zukunft? Welche Qualitätsstandards gelten demnächst?
Nein. Genau dafür wird die Rahmenrichtlinie Standards setzen, die in der gesamten Gemeinschaft eingehalten werden müssen. Den Mitgliedstaaten bleibt es darüber hinaus frei gestellt, ob sie zusätzliche Maßnahmen festlegen wollen. Auch in den bisher liberalisierten Märkten kam es in Deutschland nicht zu einem Qualitätsverlust - im Gegenteil: Im Bereich der Telekommunikation beispielsweise hat der Wettbewerb zu besseren Leistungen für den VerbraucherInnen geführt.

Werden die Dienstleistungen teurer/billiger?
Der kostengünstige Zugang zu den Dienstleistungen ist ein Prinzip, das gewährleistet werden muss - gerade, wenn bestimmte Sektoren dem Wettbewerb geöffnet werden sollen. Nach den Erfahrungen, auf die wir aus den bereits liberalisierten netzgebundenen Märkten wie Telekommunikation oder Strom zurückgreifen können, hatte die Marktöffnung zwar Preissenkungen für VerbraucherInnen zur Folge. Da man sich aber nicht zu 100% auf diese Erfahrungen verlassen kann, gibt es soziale Bestimmungen, die den Zugang - erforderlichenfalls kostenlos - sicher stellen, beispielsweise indem der Staat die BürgerInnen finanziell unterstützt, wenn sie die Leistungen nicht aus eigener Kraft bezahlen können (Beispiel Telefonanschluss für SozialhilfeempfängerInnen). Diese Prinzipien werden auch für die übrigen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse garantiert (schon wegen Art. 36 der Charta der Grundrechte).

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Liberalisierung bedeutet oft, dass Kosten eingespart werden müssen; zuerst werden meist die Personalkosten gestrichen - wird es zu einem Verlust von Arbeitsplätzen kommen?
Die SozialdemokratInnen im Europäischen Parlament setzen sich dafür ein, dass genau dies nicht passieren wird. In die Rahmenrichtlinie soll die Absicherung eines hohen Beschäftigungsstands und die Wahrung der Rechte von ArbeitnehmerInnen aufgenommen werden. Liberali-sierung bedeutet zudem nicht, dass es per se zu Entlassungen kommt - ganz im Gegenteil:
Liberalisierung ist auch ein Motor für mehr Wachstum und Beschäftigung und führt so gerade zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Die Liberalisierung der netzgebundenen Wirtschaftszweige hat unionsweit zum Entstehen von insgesamt fast einer Million neuer Arbeitsplätze geführt!

Will sich der Staat vor Verantwortung drücken, nur um Kosten zu sparen? Ist das der Anfang des Endes vom Sozialstaat?
Nein. Denn alle UnionsbürgerInnen haben ein (soziales) Grundrecht auf Anerkennung und Achtung des Zugangs zu öffentlichen Dienstleistungen. Dies muss auch in Zukunft gewährleistet werden. Die SozialdemokratInnen im Europäischen Parlament setzen sich dafür ein, dass bestimmte sensible Bereiche Tabu sind für Liberalisierungsvorhaben - wie beispielsweise die Wasserwirtschaft. Das Europäische Parlament hat sich weiter gegen die Anwendung der Wettbewerbsregeln u.a. in den Bereichen Bildung, öffentliches Gesundheitswesen und sozialer Wohnungsbau ausgesprochen. In Bereichen, in denen eine Liberalisierung sinnvoll erscheint, soll es nach dem Willen der SozialdemokratInnen aber eine schrittweise, kontrollierte und behutsame Marktöffnung geben, damit die Chancen einer Liberalisierung wahrgenommen werden können.

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Sind staatliche Finanzierungen in Zukunft im Bereich der Daseinsvorsorge überhaupt noch möglich?
Ja. Das Europäische Parlament setzt sich dafür ein, dass die Mitgliedstaaten auch weiter das Recht haben werden, öffentliche Dienstleistungen mit Gebühren zu finanzieren, wenn sie es für angebracht halten. Möglich soll auch bleiben, dass die Mitgliedstaaten sich für eine Finanzierung durch Gebühren entscheiden, die Betreibung der Dienstleistungen aber nicht öffentlich erfolgen muss (Public Private Partnerships). Hierdurch ist ein beträchtliches Potenzial von Verbesserung der Qualität und Effizienz der Bereitstellung von Dienstleistungen möglich. Zudem gelten staatliche Kompensierungszahlungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Altmark) unter be-stimmten Voraussetzungen nicht als Beihilfen (siehe Unten). Im Übrigen bleibt die Entscheidungshoheit über die Wahl der Finanzierungsart weiter bei den Mitgliedstaaten - es gilt lediglich der allgemeine Grundsatz, dass die Methode zu wählen ist, die den Wettbewerb und den Binnenmarkt am wenigsten beeinträchtigt.

Exkurs: Problematik der Beihilfen - EuGH-Rechtsprechung "Altmark Trans GmbH"

Staatliche Subventionen bzw. Beihilfen (als eine Form der Finanzierung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse) unterliegen grundsätzlich dem europarechtlichen Beihilfeverbot. Der EuGH hat in seinem Altmark-Trans GmbH-Urteil entschieden, dass öffentliche Zuschüsse nicht von vornherein eine Beihilfe darstellen (und die Beihilfebestimmungen somit erst gar nicht anwendbar sind), wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

  1. Das begünstigte Unternehmen muss mit der Erfüllung vorher klar definierter gemeinwirtschaftlicher Verpflich-tungen betraut worden sein.
  2. Die Parameter zur Berechnung des Finanzausgleichs sind zuvor objektiv und transparent aufzustellen.
  3. Der Finanzausgleich darf lediglich die Mehrkosten einschließlich eines angemessenen Unternehmensgewinns umfassen, die sich aus den gemeinwirtschaftli-chen Verpflichtungen heraus ergeben.
  4. Wenn das betraute Unternehmen nicht mittels öffentlichem Ausschreibungsverfahren ausgewählt wurde, ist die Höhe des erforderlichen Finanzausgleichs auf Grundlage einer Kostenanalyse zu bestimmen, die sich am Maßstab eines durchschnittlichen, gut geführten Unternehmens auszurichten hat.

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